Ernst Thälmann (1886 – 1944)

Ernst Thälmann wurde am 16. April 1886 in Hamburg als Sohn eines kleinen Gewerbetreibenden geboren.

Er besuchte die Volksschule und mußte dann im Geschäft seiner Eltern mitarbeiten. Mit 16 Jahren verließ Ernst Thälmann das Elternhaus. Als Kutscher und Möbelträger, als Schauermann, Kohlentrimmer und Hafenarbeiter verdiente er seinen Lebensunterhalt und lernte das harte Dasein eines Arbeiters im Kapitalismus kennen.

1903 wurde er Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, 1904 der freien Gewerkschaften. In vielen Partei- und Gewerkschaftsfunktionen setzte er sich selbstlos für die sozialen und politischen Interessen seiner Kollegen ein. Ernst Thälmann gehörte zu den Kräften in der deutschen Sozialdemokratie, die sich gegen den vordringenden Opportunismus zur Wehr setzten und bestrebt waren, den klassenkämpferischen Charakter der Partei und der Gewerkschaft zu wahren. Er war einer der proletarischen Anhänger der linken Strömung in der deutschen Sozialdemokratie.

Entschieden verurteilte Ernst Thälmann 1914 die Unterstützung des imperialistischen Krieges durch die Opportunisten. Von 1915 bis 1918 mußte er Militärdienst an der Westfront leisten. Doch auch als Soldat bewahrte er seine revolutionäre, antiimperialistische und antimilitaristische Haltung und wurde dafür mehrmals disziplinarisch bestraft.

Begeistert begrüßte Ernst Thälmann die Große Sozialistische Oktoberrevolution. Immer sah er die wichtigste Aufgabe eines Revolutionärs und Internationalisten darin, vorbehaltlos Sowjetrußland, den ersten sozialistischen Staat der Erde, zu verteidigen und die ganze Kraft dafür einzusetzen, daß die Arbeiterklasse im eigenen Land zur Eroberung der politischen Macht befähigt wird.

In der Novemberrevolution kämpfte Ernst Thälmann, dem linken Flügel der USPD angehörend, für die Verwirklichung  der Losung „Alle Macht den Räten“. Im März 1919 wurde er in das Parlament seiner Heimatstadt, in die Hamburger Bürgerschaft, gewählt, der er bis 1933 angehörte. Seit Mai 1919 war er Vorsitzender der Ortsgruppe Hamburg der USPD. Er trat für den Anschluß der USPD an die Kommunistische Internationale (KI) und den Zusammenschluß mit der KPD ein. Auf den außerordentlichen Parteitag der USPD in Halle im Oktober 1920, dessen Mehrheit sich in diesem Sinne entschied, wurde Ernst Thälmann in den Beirat der USPD und damit erstmals in eine zentrale Funktion gewählt. Als sich Ende 1920 der linke Flügel der USPD mit der KPD vereinigte, war es vor allem sein Verdienst, daß in Hamburg die übergroße Mehrheit der Mitglieder der USPD diesen Schritt tat.

In der KPD wirkte Ernst Thälmann zunächst als Vorsitzender der Gruppe Hamburg und der kommunistischen Bürgerschaftsfraktion sowie als Mirtglied des Zentralausschusses der Partei. Beharrlich setzte er sich für die Herstellung der Einheitsfront der Arbeiterklasse zur Verteidigung und Erweiterung der in der Novemberrevolution erkämpften demokratischen Rechte und sozialen Errungenschaften der Werktätigen ein. Im Sommer 1921 besuchte er als Delegierter des III. Kongresses der KI zum erstenmal Sowjetrußland. Er lernte W.I. Lenin und andere führende Funktionäre der kommunistischen Weltbewegung persönlich kennen.

Im Mai 1923 wurde Ernst Thälmann in die engere Parteiführung, in die Zentrale der KPD, gewählt. Er gab im Sommer 1923 seine Berufstätigkeit auf und wirkte von nun an als hauptamtlicher Parteifunktionär. Im Oktober bewährte er sich als politischer Leiter des Hamburger Aufstandes, des heroischen bewaffneten Kampfes Hamburger Arbeiter unter Führung der KPD für eine Arbeiter- und Bauerregierung.

Aus den Klassenkämpfen und der revolutionären Nachkriegskrise zog Ernst Thälmann die Lehre, die KPD zu einer einheitlichen, disziplinierten, eng mit den Massen verbundenen, zielklaren marxistisch-leninistischen Kampfpartei zu entwickeln. Diesem Ziel war seine ganze weitere Tätigkeit gewidmet. Vorbild war ihm dabei die KPdSU, deren Erfahrungen er gründlich studierte. Im Februar 1924 wurde Ernst Thälmann stellvertretender Vorsitzender der KPD. Neben seiner Tätigkeit in der Parteiführung leistete er eine umfangreiche Massenarbeit. Seit Mai 1924 war er Mitglied des Reichstages, Anfang 1925  übernahm er die Leitung des Roten Frontkämpferbundes und kandidierte bei den Reichspräsidentenwahlen. Als ein hervorragender Agitator der Partei, als echter Volkstribun gewann er großes Ansehen in der Arbeiterklasse.

Am 1. September 1925 trat Ernst Thälmann an die Spitze der Partei. Die Formierung des Thälmannschen Zentralkomitees war das bedeutendste Ereignis in der Entwicklung der KPD seit ihrer Gründung.

Unter der Führung Ernst Thälmanns reifte die KPD als marxistisch-leninistische Kampfpartei. Sie festigte die Einheit ihrer Reihen und erhöhte ihre Kampfkraft, verdreifachte ihren Mitgliederbestand und verdoppelte die Zahl ihrer Wähler. Als Parteivorsitzender orientierte Ernst Thälmann die Kommunisten  auf das unablässige Ringen um die Aktionseinheit der Arbeiterklasse, auf den Zusammenschluß der proletarischen Massen aller Arbeiterorganisationen, unabhängig von ihren politischen und weltanschaulichen Ansichten, zum Kampf gegen den gemeinsamen Feind, die Bourgeoisie. Besondere Bedeutung maß er der Gewerkschaftsarbeit als dem entscheidenden Kettenglied im Ringen um die Gewinnung und Führung der Massen bei. Unablässig suchte er nach Wegen, um Erfolge an diesem wichtigsten Abschnitt der Massenarbeit zu erreichen. Den Mitgliedern der KPD stellte er die Aufgabe, sich konsequent für die Tagesinteressen der Werktätigen einzusetzen und diesen in der Praxis zu beweisen, daß die Kommunisten ihre besten Interessenvertreter sind. Gleichzeitig drang er darauf, das Ringen um die Tagesforderungen mit dem Kampf gegen die imperialistische Ausbeuterordnung zu verbinden, das Endziel nie aus dem Auge zu verlieren.

Ernst Thälmann war Initiator und Motor vieler politischer und ökonomischer Kämpfe der werktätigen Massen, deren bedeutendster der Volksentscheid für die entschädigungslose Enteignung der Fürsten war. Oft weilte er selbst an den Brennpunkten des Klassenkampfes und unterstützte die Werktätigen in ihrem Ringen gegen kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung mit Rat und Tat.

Ernst Thälmann entwickelte sich zu einem der angesehensten Führer der internationalen revolutionären Arbeiterbewegung. Seit 1924 gehörte er dem Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI) und dessen Präsidium an, seit 1926 war er einer der stellvertretenden Vorsitzenden des EKKI. Entschieden verteidigte er die Einheit der kommunistischen Weltbewegung, und mit großer Energie setzte er sich für die Entfaltung der internationalen Solidarität ein. Bedeutende Beiträge leistete er zur Weiterentwicklung der Politik der KI im Kampf gegen die wachsende Kriegsgefahr und gegen den drohenden Faschismus.

Als proletarischer Internationalist wirkte Ernst Thälmann unermüdlich für ein festes Kampfbündnis der KPD mit der Partei Lenins, propagierte er den Gedanken, daß Frieden, Demokratie und sozialer Fortschritt in Deutschland nur im Bündnis mit der UdSSR möglich sind. Von bleibender Aktualität ist seine Erkenntnis, daß die Stellung zur Sowjetunion Kriterium für die Haltung im Klassenkampf ist, darüber entscheidet, ob man zum Lager der Revolution oder zum Lager der Konterrevolution gehört.


Als unversöhnlicher Feind des Imperialismus stand Ernst Thälmann im Kampf gegen die reaktionären volksfeindlichen Bestrebungen des deutschen Monopolkapitals stets in vorderster Front. Er leistete einen bedeutenden Beitrag zur schöpferischen Anwendung und Bereicherung des Marxismus-Leninismus, vor allem bei der Analyse neuer Erscheinungen des Imperialismus, insbesondere des Faschisierungsprozesses, bei der Weiterentwicklung der Einheits- und Bündnispolitik der KPD und bei der Ausarbeitung des Weges zum Sturz der imperialistischen Gesellschaftsordnung zur Erkämpfung der politischen Macht der Arbeiterklasse unter den komplizierten Bedingungen in Deutschland.

Maßgeblich prägte Ernst Thälmann die antifaschistische Politik der KPD zu Beginn der dreißiger Jahre, die auf die Einigung der Arbeiterklasse und den Zusammenschluß aller antifaschistisch-demokratischen Kräfte zur Verhinderung der faschistischen Diktatur gerichtet war. Auf seine Initiative veröffentlichte die KPD im August 1930 eine Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes, in der die nationale und soziale Demagogie der Hitlerfaschisten entlarvt und gezeigt wurde, daß allein auf dem von der KPD gewiesenen Weg  die Lebensinteressen des werktätigen Volkes entsprochen, ihm eine Zukunft in Frieden, Freiheit und Wohlstand gesichert werden kann. Im Januar 1931 stellte Ernst Thälmann die Aufgabe, unter der Losung Volksrevolution die Klein- und Mittelbauern, die städtischen Mittelschichten, die Beamten in die Kampffront gegen Imperialismus und Faschismus einzubeziehen. Im Mai 1931 verkündete er ein Bauernhilfsprogramm, und im gleichen Monat wurde ein von ihm angeregter Arbeitsbeschaffungsplan herausgegeben.

Weit vorausschauend warnte Ernst Thälmann im Frühjahr 1932: „Wer Hitler wählt, wählt den Krieg!“ Auf seine Initiative rief die KPD im Mai 1932 die Antifaschistische Aktion ins Leben, eine breite Bewegung, die auf die Einigung der Arbeiterklasse und den Zusammenschluß aller antifaschistisch-demokratischen Kräfte zur Verhinderung der faschistischen Diktatur gerichtet war. Gemeinsam mit Wilhelm Pieck und John Schehr, die zu seinen engsten Kampfgefährten gehörten, beriet Ernst Thälmann im Juli 1932 mit Sozialdemokraten über die Notwendigkeit einer breiten antifaschistischen Einheitsfront. Noch am 30. Januar 1933 ließ er der SPD-Führung den Vorschlag übermitteln, gemeinsam zu Generalstreik für den Sturz der Hitlerregierung aufzurufen. Die Führung der SPD lehnte auch dieses Angebot ab und verhinderte die Herstellung der Aktionseinheit der Arbeiterklasse, die allein in der Lage gewesen wäre, die faschistische Diktatur abzuwehren.

Am 3. März 1933 fiel Ernst Thälmann den Faschisten in die Hände, die ihn zunächst in Berlin, von 1937-1943 in Hannover und dann in Bautzen einkerkerten. Weder Folter noch jahrelange zermürbende Einzelhaft vermochten Ernst Thälmann zu beugen. Standhaft blieb er der Sache der Arbeiterklasse und seiner Partei treu.

Über seine Frau Rosa und seine Tochter Irma, zeitweilig auch über Rechtsanwälte, blieb er in ständiger Verbindung mit der Partei, vermittelte er ihr wichtige Hinweise für die Weiterentwicklung ihrer Politik, besonders hinsichtlich der Zusammenarbeit mit anderen Antifaschisten. So setzte Ernst Thälmann auch im faschistischen Kerker entsprechend seinen Möglichkeiten den Kampf gegen das Hitlerregime fort.

Gründlich bereitete er sich auf den Prozeß vor, den die Faschisten angekündigt hatten, und in dem er die Politik der KPD gegen die faschistischen Verleumdungen verteidigen und als Ankläger der faschistischen Verbrechen am deutschen Volk auftreten wollte. Aber die Faschisten wagten es nicht, den Prozeß gegen den Vorsitzenden der KPD zu eröffnen.

Noch aus dem letzten schriftlichen Selbstzeugnis, dem im Zuchthaus Bautzen verfaßten Brief an einen Mithäftling, sprechen das große Vertrauen Ernst Thälmanns in die Kraft der Arbeiterklasse, seine tiefe Liebe zur Sowjetunion, sein unerschütterlicher Internationalismus.

Auf direkten Befehl Hitlers wurde Ernst Thälmann am 18. August 1944 im Konzentrationslager Buchenwald ermordet.



 
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